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„Du bist sprachlich unbegabt“…

… Das sagte meine Englisch-Lehrerin in der Schule zu mir. Ich habe diese Aussage damals nicht hinterfragt, sondern geglaubt, dass sie Recht hat. Weder in Englisch noch in Französisch war eine bessere Note als eine „drei“ drin. Es fiel mir schwer Vokabeln und Grammatik zu lernen und dann in einer mir fremden Sprache zu reden. Das ging so während meiner Schulzeit und auch als ich studierte. Trotzdem wählte ich im Grundstudium Spanisch als Nebenfach zu meinem Hauptfach. Das Land Spanien und seine Sprache interessierten mich einfach. Aber es war wohl mehr eine Trotzreaktion so nach dem Motto „der werde ich schon zeigen, dass sie nicht recht hatte.“ Aber es änderte sich nichts – Vokabeln und Grammatik lernen, das war einfach nicht mein Fall. Mein Vordiplom bestand ich nur mit Mühe und Not. Mein Professor legte mir ans Herz, wenn ich weiter machen wolle, sollte ich unbedingt für einige Monate nach Spanien leben, dann würde ich lernen frei spanisch zu sprechen. Aber ich entschied mich, in den folgenden Jahren die Finger von Fremdsprachen zu lassen.

Erst als ich mit dem Studium fertig war, nahm ich, widerwillig, das Angebot meiner Eltern an, mir eine zweiwöchige christlich-wissenschaftliche Freizeit zu bezahlen. Sie fand in einem Ort in der französischen Schweiz statt – Hauptsprache französisch, gefolgt von englisch und deutsch. Jetzt verstehen Sie vielleicht, warum ich gar nicht dahin fahren wollte. Aber meine Eltern bestanden darauf und dafür bin ich ihnen heute sehr dankbar. Warum? Ich lernte, dass ich eine solche Aussage nicht akzeptieren muss.

Auf dieser Freizeit fanden neben Wanderungen und vielen Freizeitaktivitäten auch Workshops mit Christian Science Praktikern, Gottesdienste und Vorträge statt. So gab es auch einen Vortrag in englischer Sprache zum Thema Kommunikation. Drei Gedanken sprachen mich dabei besonders an:

  1. Kommunikation ist eine Angelegenheit des Herzens,
  2. Es gibt nur eine Sprache, nämlich die des Geistes
  3. Kommunikation zwischen zwei Personen geht immer über Gott und das baut Mauern ab.

Ich setzte dann für mich leise hinzu, „schön und gut, aber was mache ich, wenn ich beim Abendessen die Butter benötige aber nicht weiß, was Butter auf französisch heißt und somit niemanden bitten kann, sie mir zu reichen.“ In den folgenden Tagen verbannte ich immer häufiger derartig einschränkende Gedanken aus meinem Bewusstsein und dachte oft über die geistigen Tatsachen der Kommunikation nach. Ich begann die dritte Aussage besser zu verstehen, denn in Christian Science habe ich gelernt, dass der Mensch, als Bild und Gleichnis Gottes, mit allen Fähigkeiten ausgestattet ist, die er benötigt – Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Respekt, Fröhlichkeit und eben auch die Fähigkeit eine fremde Sprache zu lernen und sie zu sprechen. Demnach bin ich also nicht der Begrenzung „Du bist sprachlich unbegabt“ unterworfen. Sondern ich kann alle diese göttlich verliehenen Fähigkeiten jederzeit und überall zum Ausdruck bringen. Außerdem begann ich in meinen Gesprächspartnern nicht mehr Personen zu sehen, die mich nicht verstehen oder sich über meine grammatikalisch falschen Sätze amüsieren, sondern die mich so akzeptieren wie ich bin, weil wir alle diese göttlichen Eigenschaften und Fähigkeiten gleichermaßen ausdrücken. Während der folgenden Tage beschäftigte ich mich intensiv mit diesen Gedanken. Ich konnte diese geistigen Wahrheiten über den Menschen immer mehr akzeptieren – für mich und für andere. Die ‚Schaltstelle‘ Gott zwischen meinem Gesprächspartner und mir wurde zu einer wichtigen Einrichtung bei meinen weiteren Gesprächen.

Nach einigen Tagen konnte ich mich auf englisch ganz normal unterhalten und auch in französisch verstand ich wieder einiges. In den folgenden Jahren lernte ich wieder englisch – nein nicht stur mit dem Wörterbuch und der Grammatik in der Hand. Ich hörte mir Radiosendungen an, schaute Nachrichten und Filme in englisch im Fernsehen. Wörter, die ich nicht kannte und die zum Verständnis der Zusammenhänge erforderlich waren, schlug im Wörterbuch nach – manche nicht nur einmal. Und ich begann in den USA zu reisen.

Heute habe ich keine Schwierigkeiten mehr, einfach in englisch drauf los zu reden. So saß ich eines Tages im Bus und mir gegenüber eine Mutter mit ihrem Sohn. Die beiden sprachen englisch. Der Junge erzählte seiner Mutter, was er in der Nacht geträumt hatte. Da dies so lustig war, musste ich unwillkürlich lachen. Die junge Frau sprach mich an. Ich sagte ihr, dass ich verstanden hätte, was ihr Sohn gerade erzählt hat. Daraufhin entstand eine kurze Unterhaltung mit den Beiden. Kurz bevor ich aussteigen musste, fragte mich die Frau, aus welchem Bundesstaat ich denn käme. Ich schaute sie etwas verdutzt an und sagte ihr dann, dass ich keine Amerikanerin sei, sondern Deutsche. Sie konnte das zunächst nicht glauben. Wenn ich heute in den USA reise, passiert mir dies übrigens öfter.

Dies ist für mich ein klarer Beweis wie wichtig es ist, eine solche Aussage nicht zu akzeptieren.

srg

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